Jean-Michel Jarre live in Concert: Was für eine Verschwendung!

Nun ja, was kann ich groß erzählen? Wenn große Meister der Musik, hier der elektronischen Variante, auftreten, noch dazu in einer größeren und bekannten Örtlichkeit und gleichzeitig auch stolze Eintrittspreise von 60 EUR und aufwärts verlangen, dann darf man als Zuhörer und -Schauer erwartungsvoll gespannt sein.

Jean-Michel’s Musik und Stil erfordern nur wenig Aktion auf der Bühne; es ist eben unspektakulär, einem oder mehreren Keyboards und Synthesizern mit Hilfe von Sequencern Klänge zu entlocken. Auch in Echtzeit gespielte Filter machen wenig Unterschied, mann hat ja nur zwei Hände.

Eine Herausforderung besteht nun darin, die Bühne aufgrund der natürlichen Abwesenheit von Leben in seiner Musikrichtung durch technische Finesse ausgleichend auszulasten. Und nachdem z.B. die Nokia-Night-Of-The-Proms an Effekten und Show-Einlagen so manches zu bieten hat und auch damals dem Planetarium mit der Startime-Lasershow (btw. eine der besten Lasershows, die jemals programmiert wurden!) mit Jean-Michel’s „Oxygen 8“ und Mike Oldfield’s „Only Time will tell“ eine so unglaubliche effektvolle Glanzleistung gelungen ist, waren die Erwartungen sehr hoch gesteckt.

Das mulmige Gefühl begann bereits vor dem Konzert, als der Blick ins Auditorium fiel. Knapp die Hälfte der Olyhalle war zugehängt, nur der mittlere Teil erlaubte einen Blick auf die Bühne.

Mit fast 15 Minuten Verspätung bequemte sich der Meister, den Spielplatz zu betreten und seine  Stücke loszuleiern.

Zur Musik an sich muss ich nicht viel sagen; Fans wissen, wovon ich spreche. Einige Titel (er)kannte ich gar nicht, ansonsten waren großartige Lieder wie „Magnetic Fields“ oder Auszüge aus „China Concerts“ dabei. Alle Instrumente waren vertreten, die Synthis natürlich, die Laserorgel, eSchlagzeug und seine Selbstbau-eFeld-Instrumente, von diesem Standpunkt aus kann man also nicht mehr erwarten. Persönlich hätte ich ein paar bekanntere Lieder erwartet, aber gut, ist ja seine Wahl.

Das Lichtspektakel dagegen war enttäuschend. Scheint’s dass der eigens eingeflogene Lichtdesigner nicht nur noch in der Ausbildung ist, nein, er ist wohl noch farbenblind zusätzlich. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen oder aufhören soll mit der Kritik an dieser miserablen optischen Darbietung.

  • Die Scanner/ Movingheads über der Bühne waren fast ausschließlich konstant auf die Instrumente gerichtet und haben nur Farben gewechselt; absolut keine Bewegung von oben.
  • Zudem war ihre Anordnung seltsam asymmetrisch, einfachste Beleuchtungsregeln verletzt.
  • Von Gobos hat der Designer schon mal was gehört, hielt sie offenbar aber für Furunkel: „Brauch’ma nicht“.
  • Bereits angesprochene Farbenblindheit griff zunehmend um sich: Nein, rot, gelb grün und blau passen gleichzeitig nicht mit rosa und weiß in eine Lichtshow
  • Wenn Licht in der Luft reflektiert werden soll, so ist vorab ein geeignetes Medium in diese zu befördern. Im Volksmund und der Showtechnik nennt man es Nebel.
  • Die popeligen mickrigen Laser, offenbar mit 1000pps Scannern ausgestattet, hatten nicht einmal für gescheite Rechtecke genug Dampf, geschweige denn genug Helligkeit für die Olyhalle.
  • Und dass Beam-Shows nicht nur aus 10 langweiligen monotonen Flächen bestehen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Alles in allem war die Lichtshow eine mittlere Kastastrophe, Herr Jarre zehrt offenbar noch von vergangenen Erfolgen.

So wie die Kelly-Family nicht ohne „Sometimes“ in Erinnerung bleiben wird und Him ohne „Join Me“ aussieht wie eine Würstelfrau ohne Würstel, genauso wäre ein Jean-Michel-Jarre ohne „Oxygen 8“ nur die Hälfte wert. Im regulären Programm war keines der Oxygen-Lieder enthalten; Gott-sei-Dank ließ er sich zu einer Zugabe überreden.

Und was ich ihm nicht vergessen werde, was mich richtig noch heute ärgert, ist, dass die Zugabe aus Oxygen 7 und einem hinterhergerotzten popeligen anderen Lied bestand. Haben doch fast 2000 Leute (?) auf dieses eine seine Laufbahn prägende Lied gewartet und wurden enttäuscht. Einer hat sich sogar so geärgert, dass er beim Rausgehen aus dem Konzert das Lied auf dem Handy von youtube gestreamt hatte… Mann mann mann, das war ein Griff ins Klo.

Dear Jean-Michel, if you ever read this, please don’t come to Munich again. Or Germany, for that matter!

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