Good News, Everyone (Teil 2)…

Inhaltsverzeichnis

 

Ach wie herrlich sich Artikel der Zeit Online manchmal lesen und glatt wie Öl runtergehen. Im Artikel Jeder ist verdächtig erläutert Herr Naumann, weswegen er und seine Kollegen Beschwerde beim obersten Gerichtshof einzulegen gedenken. Vorneweg, ich kann allen Punkten nur voll und ganz zustimmen. Hier die Details, in meinen Worten:

0.1 Konflikte der Zuständigkeiten Inhalt

Es ist nicht geregelt, wann und wie das „neue“ BKA in den Ländern tätig werden darf oder zu werden hat. Die klare Zuweisung von Aufgaben auf Bundes- und Landesebene, die für jede Staatsbehörde notwenig ist, eben auch, um sie durch den Bürger kontrollier- und prüfbar zu machen, fehlt im neuen Gesetz.

Man läßt diese Zuständigkeit offenbar mit Absicht undefiniert, um maximalen Handlungsspielraum oder auch -Freiheit für die Behörde zu gewährleisten.

0.2 Abgrenzen von geheimdienstlichen Aufgaben Inhalt

Weiterhin lassen es die Unbestimmtheiten des Gesetzes zu, dass das BKA Ermittlungen und Zuständigkeiten ausübt, die laut Verfassung ausschließlich dem parlamentarisch kontrollierten Geheimdienst (BND) unterliegen. Zur Erinnerung: Das BKA wird durch niemanden außer ihm selbst kontrolliert. Das naive Vertrauen von Bürgern und Regierung / Gesetzgeber in eine solche „Superbehörde“ ist, schon im Hinblick auf die Datenskandale der vergangenen Jahre, völlig fehl am Platz.

Die sehr große Gefahr liegt -wie immer- im enormen Mißbrauchspotential der ermittelten Informationen. Besonders als Techniker der IT kann ich nur bestätigen, wie lange einmal gespeicherte Daten in Archiv- und Backupsystemen vorgehalten werden, und vor allem, wie kurz Dienstwege manchmal sein können. Beweisen läßt sich das im Allgemeinen nicht.

0.3 Unverletzlichkeit der Wohnung Inhalt

Das Grundgesetz garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Durchsuchungen dürfen nur von Richtern angeordnet werden, was eine Anordnung vor der eigentlichen Maßnahme impliziert.

Artikel 13 (Quelle)

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Nach Inkraft-Treten des Gesetzes bestünde dieser Schutz nicht mehr. BKA-Beamte dürften zur Gefahrenabwehr Wohnungen betreten und Überwachungsmaßnahmen durchführen, die auch Aufzeichungen mit Kleinst-Kameras beinhalten. Überwachte müssen nach Ende der Maßnahmen nicht über die bei ihnen durchgeführten Überwachungen informiert werden. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen dem eigentlichen Verdächtigen sowie eventuellen (nicht betroffen bzw. unschuldigen) Kontaktpersonen; beide werden von den entsprechenden Maßnahmen erfaßt.

Auch in Anbetracht des lachsen Umgangs mit personenbezogenen Daten darf die Entscheidungshoheit über eine solche intime Ausleuchtung nicht allein in die Hände einer einzigen Behörde gelegt werden.

0.4 Online-Durchsuchung Inhalt

Die Absätze zu „verdeckten Eingriff[en] in informationstechnische Systeme“ entbehren meiner Meinung nach jeder Vernunft. Nicht nur ist das vom Bundesverfassungsgericht verlangte Gremium („unabhängige Stelle“) mit vier Personen (bitte interpretieren als „Richter“) in dem Gesetz mit zwei BKA-Beamten und dem BKA-Datenschutzbeauftragten (lach!) nicht umgesetzt worden, sondern auch wird, um überhaupt Daten des Kernbereiches privater Lebensgestaltung zu identifizieren, zunächst einmal alles Material geprüft werden.

Des weiteren ist für das Infiltrieren eines Rechners („Bundestrojaner“) im Allgemeinen ein so tiefer Eingriff in das System notwendig, dass die Software neben dem Auslesen von Information auch die Möglichkeit der nicht mehr nachweisbaren Manipulation erhält. Urteile basierend auf dem „Bundestrojaner“ könnten so vor Gericht angefechtet werden, zumal nur das BKA die Kontrolle über die Software innehält sowie technische Details aus „verständlichen Gründen“ nicht offenzulegen gedenkt.

0.5 Berufsgeheimnisträger Inhalt

Nicht nur wird die ärztliche Schweigepflicht ausgehebelt (es ist eben doch sehr viel umständlicher, Papierakten in einer Praxis zu filzen, als Patientendaten auf der ärztliche Festplatte), auch andere Berufsgeheimnisträger sollen ihre Vertraulichkeit preisgeben.

Besonders schwer wiegt, dass unter anderem Journalisten ihr Zeugnisverweigerungsrecht werden aufgeben müssen. Sich als Informant vertraulich an einen Reporter zu wenden kann so zum eklatanten Risiko für die eigene Person auswachsen, selbst ungerechtfertigt Ziel von Überwachungsmaßnahmen zu werden.

Völlig dreist erscheint auch im Hinblick auf den Herren, der sich beruflich mit Kinderpornographie beschäftigt (was für ein Hohn!), dass Abgeordnete von dieser Regelung auszunehmen sind. Gerade Vertreter des Volkes haben nichts zu verbergen zu haben!

0.6 Schlußwort Inhalt

Alles in Allem möchte ich mich sehr bei Ihnen bedanken; allein durch Ihre Medienpräsenz haben Sie meiner Meinung nach unserem Land einen großen Dienst erwiesen. Ich hoffe, Sie haben Erfolg.

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