HD2 vs. Nexus One (a.k.a. Windows Mobile – eine Ideologie)

4.5 Installation von Anwendungen

Früher oder später trifft es jeden; die bestehenden Funktionen und Programme reichen nicht aus. Ist kein Problem, beide Geräte bieten Möglichkeiten, neue Programme zu installieren. Wie das von statten geht und was zu beachten ist, zeigt dieses Kapitel auf.

4.5.1 HD2

Unter Windows Mobile ist die Installation einer Anwendung, die in eine sogenannte CAB-Datei (Daten und Installationsscript) verpackt sein muss, auf drei Arten möglich:

  • Active-Sync: Der Entwickler stellt ein unter Windows ausführbares Executable bereits, das das zu installierende Programm in die Sync-Liste einträgt. Beim nächsten Anschließen an den PC wird die Anwendung installiert.
  • Direktinstallation: Nach Übertragung auf das Gerät (Bluetooth, Active-Sync, Speicherkarte, Download, etc.) kann die CAB-Datei im Explorer direkt aufgerufen werden. Die Installation startet automatisch.
  • Download über Windows Marketplace: Nach einmaligem Zustimmen zu Microsofts Nutzungsbedingungen können Anwendungen über die Marketplace-Applikation direkt auf das Gerät geladen und installiert werden.

Der Marktplatz macht seinem Namen alle Ehre. Bis auf ein paar Ausnahmen finden sich hierin nur kostenpflichtige Programme. Auch die Bedienung mit dem Finger ist zwar möglich, aber die Oberfläche insgesamt bei weitem nicht so schön wie unter Android. Windows Mobile Benutzer sind es eher gewöhnt, ihre Programme über CABs selbst zu installieren; Microsoft’s Marketplace muss unter „netter Versuch“ verbucht werden, denn ein richtiges Incentive, ihn zu benutzen, gibt es offenbar nicht.

Leider hat Windows Mobile für die IT-Sicherheit im Bereich Installation die heutige Entwicklung verschlafen. Programme lassen sich natürlich signieren; ein Schritt in die Richtung des Rechtemanagementes wie unter Android allerdings fehlt vollkommen. Und nachdem sich Anwender nun mal schnell an das Wegklicken störender Warnungen gewöhnen, steht sich Windows Mobile hier selbst im Weg. Und mal ehrlich: Welcher Hobby-Entwickler hat schon das nötige Kleingeld, sich seine Anwendung offiziell zertifizieren zu lassen bei Microsoft?

Über die Systemsteuerung lassen sich Programme wieder entfernen; üblicherweise bleiben aber Rückstände (Registry, Verzeichnisse, etc.) auf dem Gerät zurück.

4.5.2 Nexus One

Auch bei Andriod verwendet man integrierte Installer-Pakete. Sie heißen hier APK-Dateien und beinhalten genau wie die CAB-Dateien das Installer-Script und die eigentlichen Daten.

Die Installation selbiger gestaltet sich allerdings abenteuerlich: Im Auslieferungszustand gibt es weder einen Dateimanager (schwach!), noch besteht eine Möglichkeit, Anwendungspakete (APK-Dateien) direkt über SD-Card zu installieren. Es kommen damit nur zwei Möglichkeiten in Betracht:

  • Android-SDK: Hier habe ich eine Anleitung dafür gefunden.
  • Android Market: Ein Google-Konto vorausgesetzt, kann man Anwendungen direkt vom Market aus installieren. Welchen Datenschutzbestimmungen man dafür zustimmen muss, hab ich mir nicht angeschaut. Besser war es, ein dummy-Konto einzurichten (welches sich nun nicht mehr entfernen lässt by the way).
  • Außer Konkurrenz: Es gibt danach die Möglichkeit, einen sogenannten „App-Installer“ zu installieren; mit Hilfe dieses Programms kann man auch heruntergeladene oder vom PC kopierte APKs von der SD-Karte installieren.

Auffällig ist, dass man nicht gefragt wird, wohin Anwendungen installiert werden sollen. Offenbar denken die Entwickler, dass der vorhandene ROM ausreicht und die SD-Card tatsächlich nur für Daten verwendet werden soll.

Der Android-Installationsprozess für APKs hat ein Feature, das ich für sehr gelungen halte. Jede zu installierende Applikation wird erst einmal beschrieben mit Text und Screenshots. Sagt sie einem zu, so gelangt man zu einem weiteren Bildschirm, in dem die erforderlichen Rechte für die Applikation auch für Laien verständlich aufgezählt sind. Wie im Screenshot zu sehen würde man mit Installieren des Spiels diesem Zugriff auf die eigenen Daten ermöglichen und der Umkehrschluß gilt genauso: Hat eine Applikation diese Berechtigung nicht von vorneherein angefordert, wird sie auch nicht mehr bekommen.

Sehr gelungen ist auch das Update-Feature. Sobald für eine oder mehrere installierte Anwendungen Updates vorliegen, können diese über den Market aktualisiert werden. Man wird dabei erneut auf die nun angeforderten Berechtigungen aufmerksam gemacht und kann das Update ggf. ablehnen; eine Anwendung kann sich so nicht über ein Update erweiterte Rechte ohne Wissen des Benutzers erschleichen.

Unter diesem Link hat ein befreundeter Blog die Sicherheitsfeatures des Betriebssystems übersichtlich zusammengefasst. Danke an Christian Schneider.

Über Einstellungen -> Anwendungen lassen sich von Benutzer installierte Programme wieder einwandfrei entfernen. Rückstände bleiben nur auf dem Gerät, wenn das Programm z.B. Daten auf der Speicherkarte abgelegt hatte (Musik, Bilder, etc.).

4.5.3 Fazit

Dass einem Android vor Installation genau mitteilt, welche Rechte und Ressourcen das installierte Programm bekommen möchte, halte ich für eine sehr gute und richtige Entwicklung. Auch der Laie kann zumindest abschätzen, ob das Programm, das er sich gerade installieren möchte, Bösartiges am System anstellen könnte.

Ein vergleichbarer Mechanismus fehlt unter Windows Mobile. Entweder ist Code signiert, oder er ist es nicht. Auf der anderen Seite ist die Simplizität der Installation unter Windows Mobile für Leute mit App-Store-Phobie von Vorteil; man beachte nur, wieviele Erweiterungen als CABs in einschlägigen Foren verfügbar gemacht werden, die im Market sicher nichts verloren haben und tiefer ins Betriebssystem eingreifen.

Auch hier möchte ich ein Unentschieden vergeben. Denn beide Mantras bieten Vor- und Nachteile; jeder sollte für sich selbst entscheiden, welches System er bevorzugt.

4 Kommentare zu “HD2 vs. Nexus One (a.k.a. Windows Mobile – eine Ideologie)”

1.   Kommentar von chrschn
Erstellt am 28. April 2010 um 18:48 Uhr.

Danke für diesen sehr ausführlichen Artikel. Ich habe ihngerne gelesen und noch einiges dazugelernt.

Ich weiß ja, dass Du ein absoluter HD2-Fan bist, insofern überrascht mich das Ergebnis Deines Vergleichs nicht wirklich. Als Besitzer eines Android-Telefons (Milestone) kann ich auch einige Deiner Kritikpunkte nachvollziehen bzw. habe schon selbst darunter gelitten. Aber trotzdem finde ich, dass Du in Deinem Vergleich drei systematische Fehler gemacht hast:

1. Du vergleichst zwei Geräte in unterschiedlichen Preisklassen und vermischst dabei die Funktionen des Betriebssystems und der Oberfläche. Natürlich macht beispielsweise ein größeres Display viel her und spricht für das HD2. Würde man dagegen das Nexus One mit einem anderen HTC-Handy der 300-Euro-Klasse vergleichen, dann würde mit großer Wahrscheinlichkeit das Nexus One als Sieger hervorgehen. Der Titel Deines Vergleich suggeriert aber ein bisschen, dass Du Android mit Windows Mobile vergleichst. Viele Funktionen des HD2, die Du in Deinem Artikel hervorhebst, sind aber der Sense-Oberfläche geschuldet. Für einen Vergleich Android vs. Windows Mobile solltest Du das HTC Evo 4G mit dem HD2 vergleichen, denn die Hardware und Oberfläche dieser beiden Geräte ist nahezu gleich. Oder eben ein anderes „nacktes“ Windows Mobile-Gerät mit dem Nexus One.

2. Du definierst nicht so wirklich die Zielgruppe, anhand der Du deine Punkte vergibst. Einerseits gefällt Dir die gute Exchange-Unterstützung und die Outlook-Synchronisation des HD2. Beides setzt aber MS-Produkte voraus, und nicht jeder hat im Keller einen Exchange-Server stehen. Auf der anderen Seite kritisierst Du, dass nur das Nexus One nur mit dem Google-Account vernünftig synchronisiert. Natürlich synchronisieren die Geräte am Besten mit den Produkten aus dem eigenen Haus! Wie gut synchronisiert denn das HD2 mit Evolution unter Linux? Vermutlich nicht besser als das Nexus One mit Outlook/Exchange.

3. Du beschränkst Dich bei Deiner Betrachtung auf das Gerät mit der Software im Auslieferungszustand. Auch wenn Du auf den Android-Market eingehst, erläuterst Du nicht die dahinter stehenden Apps und Möglichkeiten. Meiner Meinung sind es aber gerade die Apps, die die Anpassungen an den eigenen Geschmack ermöglichen. Im Android-Market sind nämlich nicht nur Spiele oder sonstige „normale“ Software zu finden, sondern jede Menge Erweiterungen oder Verbesserungen der Oberfläche und der Schnittstellen. So gibt es dort alternative Home-Screens, Konnektoren zu LDAP/CalDAV/Exchange (übrigens auch USB-Synchronisation mit Outlook ;-), verbesserte SMS/Kontakt-/Kalenderanwendungen, und vieles mehr. Das meiste davon gibt es im Market für lau.

Übrigens kann man mit einem Android-Telefon sehr wohl APK-Dateien problemlos ohne den Market und ohne Umwege installieren, auch wenn Du auf Seite 7 behauptest, das sei nicht möglich. Wenn man bspw. eine Anwendung im Internet gefunden und mit dem Android-Browser heruntergeladen hat, dann kann man das Paket anschließend direkt installieren. Man kann übrigens (noch) keine Anwendungen auf der SD-Karte installieren, ohne zuvor sein Handy zu „rooten“, daher fragt der Installer nicht nach. Das ist übrigens nach meiner Einschätzung eine Maßnahme, umd die Sicherheit des Geräts zu gewährleisten: Da auf der Speicherkarte ein FAT-Dateisystem vorhanden ist und dieses keine UID/GID für Dateien unterstützt, wäre damit ein wichtiges Sicherheitsfeature ausgehebelt, auf das Android aufbaut (pro App eine UID/GID).

Weiterhin beschreibst Du, dass man installierte Anwendungen über den Market sehr leicht updaten kann. Erwähnenswert finde ich, dass es nicht nur für Anwendungen Updates „Over-the-Air“ gibt, sondern auch für das Betriebssystem selbst! Ein Android-Hersteller kann nämlich komplette Systemupdates online stellen, die dann auf dem Telefon ohne Hilfe eines PCs installiert werden können. Zu erreichen ist diese Funktion unter Einstellungen -> Telefoninfo -> Systemaktualisierung.

So, jetzt habe ich aber genug Android-Verteidiger gespielt. 😉

2.   Kommentar von McSeven
Erstellt am 29. April 2010 um 00:15 Uhr.

Ah danke für den ausführlichen Kommentar… Finde ich sehr anregend und Du hast valide und berechtigte Punkte.

Ad 1) Es mag sein, dass ich nicht richtig zwischen Gerät und OS getrennt habe. Zur Klarstellung: Verglichen werden sollen tatsächlich die Geräte insgesamt; ihr Handling, das GUI, die Bedienbarkeit und das Erfüllen von typischen Aufgaben von SmartPhones. Ein Vergleich der Betriebssysteme per se wäre eher im Bereich einer Diplomarbeit anzusiedeln, nicht wahr…

Ad 2) Völlig korrekt. Die Zielgruppe würde ich in den Bereich des ambitionierten technisch weniger versierten Benutzer legen. Der möchte typische PIM-Aufgaben wahrnehmen, vielleicht Musik hören oder Schnappschüsse mit der Kamera aufnehmen.

Ad 2a) Zwei Antworten:
– HD2 und Evolution: http://www.synce.org/moin/SynceInstallation/Ubuntu (hab ich aber nicht getestet…)
– Exchange: Zugegeben, auf dem MS-Produkt zu bestehen bei der Vielzahl an Konkurrenzprodukten ist gewagt. Aber ein ähnlich mächtiges und leicht einzurichtendes Groupware-System ist mir bisher nicht untergekommen. Ich sehe Exchange noch als für Smartphones obligatorischen de-facto Standard, den auch RIMs Blackberry’s nicht ernsthaft bedrohen können.

ad 3) Berechtigter Punkt. Aber das hab ich ja angesprochen: Ich könnte mir dann genauso ein Windows Mobile 5 Gerät anschaffen und ein Custom-ROM draufmachen; es ging mir nicht darum, die potentiellen Möglichkeiten zu beschreiben, sondern die, die ich quasi in der Box bekomme. Würde jeder sein Telefon pimpen, könnt ich ja nicht mehr (objektiv) vergleichen, nicht wahr?

ad 4) Wenn das mit dem Browser geht, hab ich tatsächlich einen Punkt ausgelassen. Ich hatte es so aber nicht geschafft; Chrome hat die APK auf der Speicherkarte abgelegt und mehr nicht. Ich probiere das sicherheitshalber noch einmal aus.

ad 5) Systemupdate: Tatsache, das habe ich vergessen. Ich bitte um Entschuldigung. Windows Mobile bietet keine nennenswerten Updatefunktionalitäten an (=es wird nie ein Update gefunden).

3.   Kommentar von micha
Erstellt am 20. Mai 2010 um 09:22 Uhr.

Schau dir auch mal http://www.pocketpc.ch an. Da findest du ausführliches zum Nexus One und zum HTC HD2, viele Tweaks, ROMs und hacks

4.   Kommentar von McSeven
Erstellt am 20. Mai 2010 um 11:11 Uhr.

Ah, Danke Dir. Kenn ich natürlich, und das HD2 ist ja auch schon gepimpt, nicht wahr (siehe Batterieanzeige auf den Screenshots z.B.); kommt irgendwann sowieso ein Energy-ROM drauf, wenn ich mal Lust hab. Aber ich glaub, auch mit aller Tunerei wird aus dem Nexus noch nicht so das wahre. Deswegen such ich noch immer nach einem Desire oder dann dem Evo 4G, die machen’s wahrscheinlich besser…

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